Heinz Breloh
Die Plastiken Lebensgröße bilden das Hauptwerk des Kölner Bildhauers Heinz Breloh in den 1980er-Jahren. Diese großformatigen Gipsvolumen formt Breloh mit den Bewegungen seines Körpers, die so zum Negativraum seiner Choreografie werden. Der Künstler begreift die Lebensgrößen als „Materialisierung einer Bewegungs-spur“, d. h. als Zeugnis seiner Anwesenheit im Entstehungsprozess. Die Reflexion dieses körperlichen Arbeitsprozesses ist ab 1988 Quelle für neue Arbeiten. Mit Ton formt er Bilder der Bewegungen des Bildhauers im Arbeitsprozess, dessen Ringen mit dem Material. In diesem Kontext entsteht 1991 die unbetitelte Bronze aus der Werkgruppe drin und dran. Sie besteht aus einem schmalen Sockel, aus dem sich eine schlanke Stele erhebt. An einer Seite schwingen zwei Elemente frei vom Fuß hinauf, sie umgreifen damit einen Zwischenraum. Die einzelnen Elemente der Plastik markieren das Innere und Äußere eines Hohlkörpers. Breloh bezieht sich mit der Arbeit – das zeigen zeichnerische Vorstudien – auf die Formung von keramischen Gefäßen, wie Amphoren oder Vasen. Deren Wandungen werden traditionell durch die Schichtung von Material aufgebaut, das miteinander verpresst werden muss. Oder, wie Breloh es ausdrückt: „Die Verwirklichung der Skulptur vollzieht sich zwangsläufig in Druck und Gegendruck von Material und Körper bei Anwesenheit von Schwerkraft.“ In drin und dran realisiert Breloh diesen Druck in Formen, die von zwei Seiten auf den Zwischenraum wirken. Hier handelt es sich sowohl um abstrakte Vorstellung als auch um konkrete Darstellung, wenn Breloh den Negativabdruck der imaginierten Gefäßwandungen durch Rillen in seiner Plastik simuliert.
Die Reflexion gestalterischer Techniken ist ein wesentlicher Aspekt im Werk des Künstlers. Begründet ist dies in seinem Interesse an der Geschichte der Skulptur und Plastik, was in seinem Spätwerk am deutlichsten hervortritt. In ihm findet er zu figürlichen Darstellungen. Formal korrespondieren diese Plastiken mit Papier-arbeiten, in denen Breloh Fotografien von Skulpturen mit kräftigen Pinselstrichen und Kreiden übermalt. Wie im Blatt der Herbert Gerisch-Stiftung, das vermutlich einen Herkules zeigt, greift Breloh die bewegten Posen von Männern auf. In der Überarbeitung erweitert er ihre Konturen, bis ihre Silhouetten denen seiner Plastiken gleichen, sie gleichsam zu Kompositionsvorlagen dieser werden.
Malte Guttek (Aus: OutsideInside - 20 Jahre Herbert Gerisch-Stiftung)