Daniel Spoerri

Eröffnung der Ausstellung „Daniel Spoerri. Prillwitzer Idole“
am Sonntag, 1. Juni um 12 Uhr im Souterrain der Gerisch-Stiftung
Begrüßung: Brigitte Gerisch Vorstand Herbert Gerisch-Stiftung
Einführung: Melanie Lange Artoma GmbH
Eintritt frei
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit Artoma GmbH und mit freundlicher Unterstützung des Ausstellungshauses Spoerri in Hardersdorf am Kamp und Barbara Räderscheidt. Im Souterrain und auf der Souterrain-Terrasse sind Leihgaben in Form von Bronzeplastiken und Grafiken aus Daniel Spoerris „Prillwitzer Idole“ zu sehen. Ergänzt wird die Ausstellung durch den Film "Daniel und die Scheinheiligen - Die Prillwitzer Idole" von Felix Breisach.
Prillwitzer Idole
Daniel Spoerris Suche nach den „Gottsdienstlichen Altertümern der Obothriten“ war eine Abenteuerreise, die er selber ausführlich beschrieben hat.
Anhand alter Stiche hatte er sich in den Kopf gesetzt, nach den Vorlagen für diese Abbildungen zu forschen, die seine Neugier weckten, weil sie so skurril waren. Und er suchte so lange bis er sie fand.
Es stellte sich heraus, dass eine reiche Fälschergeschichte damit verbunden war.
Eine Goldschmiedefamilie hatte Mitte des 18. Jahrhundert hergestellt, was Forscherherzen und der Adel begehrten: Belege für kultische Handlungen eines urslawischen Stammes. Die Artefakte waren absichtlich etwas roh hergestellt worden, um sie authentisch erscheinen zu lassen. Dabei störte es kaum einen, dass die Figuren aus Bronze waren, einem Material, das die Obotriten gar nicht verwendeten.
Die „Fälschungen“ – Daniel Spoerri nennt sie „Zuschreibungen“ – bezeichnet man heute, nach ihrem Entstehungsort, als „Prillwitzer Idole“.
Spoerris eigene Figuren wollen keine Relikte eines alten Kults oder eines fernen Stammes sein, aber es sind fremde Wesen. Bedrohlich und doch in sich gekehrt wirken sie. Ein Restaurantbesitzer wollte einmal erwirken, dass die Skulptur an einen anderen Ort gestellt werde. Er war der Meinung, dass sie ängstliche Gäste abschrecken könnte, auch befürchtete er negative Auswirkungen auf seine schwangere Frau. Der freundliche Name „Prillwitzer“ (deutsch: Witz = barzeletta, gioco) trägt indes zur Entschärfung bei, und so treten doch die meisten Betrachter furchtlos näher und bewundern die Detailvielfalt.
Von besonderem Reiz ist es, dass es sich um „Originale in Serie“ handelt. Keine Figur einer Serie ist mit einer anderen identisch. Es würde Daniel Spoerri nicht interessieren, eine einmal gefundene Form lediglich zu vervielfältigen. Die Lust an der Variation ist es, die ihn jeweils mit den Gußkanälen und in der Gießerei herumliegenden Bronzeresten weiter zu gestalten.
Barbara Räderscheidt 2010
Daniel Spoerri (1930-2024)
Tänzer, Dichter, Regisseur und Objektkünstler, Gründungsmitglied der Nouveaux Réalistes, Begründer der Eat Art.
Der am 27. März 1930 in Galati, Rumänien geborene Daniel Spoerri sorgt noch immer mit seinen Fallenbildern beim Betrachter für Irritationen. Die Auseinandersetzung mit der Transformation der Dinge durchzieht sein künstlerisches Oeuvre. Durch einen einfachen Eingriff , beispielsweise das Kippen aus der Horizontale in die Vertikale, verändert Spoerri die Wahrnehmungs- und Realitätsebenen. Die Metamorphosen seiner eigenen Person stellen ein wichtiges Ausdrucksmittel im künstlerischen Schaffensprozess dar. So tritt er beispielsweise als Meister der Kochkunst auf und kredenzt dem Publikum Eat Art: essbare Werke von Spoerri und seinen Künstlerfreunden (Bernhard Luginbühl, Dieter Roth, Arman, César, Niki de Saint-Phalle) gelangen anlässlich kunstvoll inszenierter Bankette zum Verzehr.
Ankäufe internationaler Museen und internationale Retrospektiven seines Werkes festigen in den 80er Jahren Daniel Spoerris Position als zentrale Figur der europäischen Nachkriegskunst. Bis zu seinem Tod 2024 lebte der Künstler in Wien und Seggiano, Italien und arbeitete dort am Gesamtkunstwerk «Il Giardino di Daniel Spoerri«.